Martina Grabski                      


Osteopathie

Veröffentlicht am 20.05.2007

Wirbelblockaden

Im Januar 2002 veranstaltete der Reitverein Langen und Umgegend e.V. einen Informations- abend zum Thema "Osteopathie". Als Referentin stellte sich Gaby Köser eine staatl. anerkannte Physiotherapeutin, Hippotherapeutin und Pferdeosteopathin DIPO zur Verfügung.

Da die Berufsbezeichnung Pferdeosteopath oder Osteopath für Pferde nicht geschützt ist, ist es für den Pferdehalter sehr wichtig auf eine fundierte Ausbildung des Osteopathen zu achten. Das Osteopathiezentrum in Dülmen gewährleistet eine solche Ausbildung. Zu dieser Ausbildung werden nur Therapeuten mit bestimmter Vorbildung wie z.B. Tierärzte und Physiotherapeuten zu gelassen, die Ausbildung schließt mit einem Diplom ab. Die Pferdeosteopathen des Osteopathiezentrum Dülmen dürfen die Zusatzbezeichnung DIPO tragen und können sich auch ausweisen. Das Osteopathiezentrum ist zur Zeit die einzige qualifizierte Ausbildungsstätte in Deutschland, vergleichbare Ausbildungsstätten gibt es nur noch Amerika (Schule für Chiropraktiker: American Verterinary Chiropractic Association) und England. Mittlerweile verbreitet sich die Osteopathie nicht nur immer mehr in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Belgien.

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Gründer der Osteopathie war der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still, er arbeitete als Arzt und Chirurg im amerikanischen Bürgerkrieg. Still war der Meinung, dass die reibungslose Funktion des Muskel-Skelett-Systems der Schlüssel zur Gesundheit ist. Er entwickelte manuelle Techniken mit denen er die optimale Funktion des Systems wiederherstellen konnte. Er gründete bereits 1892 in Missouri die erste Schule für Osteopathie, heute ist diese Schule als Kirksville College of Osteopatic Medicine bekannt. Die Osteopathie ist also keine neue Behandlungsmethode, sie ist eher eine alte Technik die jetzt, mit dem vermehrten Verständnis für unsere Tiere und deren Leiden, auch bei der Behandlung von Tieren immer mehr an Einfluss gewinnt.

Frau Köser erklärte zunächst die menschliche Wirbelsäule. Die Teilnehmer wurden gebeten sich gerade, mit im rechten Winkel gestellten Beinen zu setzen und den Kopf leicht nach vorne zu neigen. Jetzt sollte jeder ein Bein gerade ausstrecken, mit den Zehenspitzen nach oben und den Kopf weiter neigen. Jeder verspürte ein Ziehen in der Wade und den Oberschenkeln, einige Teilnehmer bemerken auch ein Ziehen im Nacken. Mit dieser kleinen, aber eindrucksvollen, gymnastischen Übung wurde jedem bewusst gemacht, dass sich Verspannungen und Blockaden im Halswirbelbereich bis zu den Füßen (beim Pferd bis in die Hinterhand) auswirken können.

Nach diesem Ausflug zur menschlichen Anatomie wurde nun das Skelett des Pferdes erklärt und am lebenden Pferd eine Behandlung gezeigt.

Die Wirbelsäule eines Pferdes besteht aus:

    - 7 Halswirbeln
    - 18 Brustwirbeln
    - 6 Lendenwirbeln
    - 5 Kreuzwirbeln, die beim erwachsenem Pferd zusammen gewachsen sind
    und 16 bis 18 Schweifwirbeln.

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Auf der Brustwirbelsäule befinden sich Dornfortsätze, die den Widerrist und die Rückenlinie bilden. Der 4. und 5. Brustwirbel haben die längsten Dornfortsätze, sie können bis zu 30 cm lang werden. Am Anfang der Brustwirbelsäule sind die Dornfortsätze zur Hinterhand geneigt, weiter Richtung Lendenwirbel werden die Dornfortsätze kürzer und steiler. Ab dem 16. Dorn- fortsatz neigen sie sich leicht nach vorne und werden schließlich im Lendenbereich wieder länger. Die Beweglichkeit im Brust- und Lendenwirbelbereich beschränkt sich überwiegend auf das Heben und Senken des Rückens. Die Lendenwirbel haben seitlich noch Querfortsätze, die die inneren Organe schützen.

Vom 2. Halswirbel bis zum 6. Lendenwirbel befinden sich zwischen den Wirbel Bandscheiben, diese Bandscheiben wirken als Stoßdämpfer. Zwischen dem letzten Lendenwirbel und dem Kreuzbein ist die Bandscheibe am kräftigsten, durch diese Bandscheibe erhält das Gelenk eine deutliche Bewegungsfreiheit. Zahlreiche Bänder verlaufen zur Stabilisierung entlang der Wirbelsäule. Vom Hinterhauptbein bis zum Schweif verläuft das Nackenband. Wie ein Kabel zieht sich das Rückenmark durch die Wirbel. Zwischen den Wirbeln verlassen zahlreiche Nervenbahnen das Rückenmark, diese steuern z.B. Organe und die Extremitäten.

Die einzelnen Wirbel sind durch Gelenkflächen miteinander verbunden, rechts und links neben der eigentlichen Gelenkfläche gibt es jeweils eine kleinere Gelenkfläche, bei denen es hauptsächlich zu Blockaden kommt. Deshalb darf man sich keinesfalls einen "verrenkten" bzw. blockierten Wirbel so vorstellen, dass er völlig aus der Richtung der anderen Wirbel zeigt, vielmehr ist er nur ein kleines Stückchen aus der Richtung gedreht. Alles andere würde nur durch eine enorm große Krafteinwirkung möglich sein.

Wenn ein Wirbel blockiert ist, kann eine zwischen den Wirbeln austretende Nervenbahn eingeklemmt werden und somit in seiner Funktion gestört werden. Ist z.B. der 11. Brustwirbel blockiert, so kann das nicht nur eine Steifheit unter dem Sattel und Buckeln auslösen, sondern auch Störungen im Bereich von Zwerchfell, Magen, Leber oder zu einem aufgeblähten Bauch und Muskelzucken bei Druckberührungen kommen.

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Was kann auf eine Wirbelblockade hindeuten?

Beobachtungen am stehenden Pferd, bei gleichmäßiger Belastung der Beine:

    - eine schiefe Kopfhaltung, Headshaking
    - einseitig ausgeprägte Muskelpartien
    - Muskelschwund
    - Ungleichmäßige Belastung der Gelenke
    - Eingezogener oder schiefer Schweif
    - Schiefe Beckenhaltung bei paralleler
      Stellung der Hinterhand

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Beobachtungen am Pferd in Schritt und Trab:

    - ein Bein wird höher gehoben als das
      andere
    - die Hufe werden nicht nebeneinander
      gesetzt, also gekreuzt
    - die Kruppe schwingt auf einer Seite höher
      als auf der anderen
    - Steifheit und plötzlicher Widersetzlichkeit
      des Pferdes gegen die Reiterhilfen
    - Taktfehlern in den verschiedenen
      Gangarten

Die Osteopathie ist eine manuelle Technik zur Behandlung von Blockaden in Knochen, Gelenken und Muskeln. Bei der Untersuchung tastet der Osteopath das Pferd ab und sucht dabei nach Veränderungen der Gewebestrukturen von Knochen und Gelenken. Außerdem werden Muskelreflexe abgefragt sowie die Wirbelsäule und die Gelenke auf ihre Beweglichkeit überprüft, um Störungen und Blockaden festzustellen.

Ziel einer osteopathischen Behandlung ist es, durch gezielte Handgrifftechniken Störungen der Körperfunktionen zu beseitigen und zu vermeiden, Fehlentwicklungen zu korrigieren, Heilungsprozesse einzuleiten und zu unterstützen sowie eine Mobilisierung der Gelenke. Mit der Osteopathie werden keine Krankheiten behandelt, sondern Bewegungseinschränkungen. Bei Entzündungen, Verdacht auf Thrombose und Fieber darf keine osteopathische Behand- lung erfolgen. Hier muss erst die Entzündung, Thrombose oder Fieber auskuriert werden. Nach einer osteopathischen Behandlung sollte das Pferd 48 Stunden nicht gearbeitet werden, es sollte aber die Möglichkeit haben sich freizubewegen z.B. durch Weidegang. In dieser Zeit kann das Pferd einen evtl. Muskelkater kurieren und seine neuen Bewegungsmöglichkeiten austesten.

Der Osteopath arbeitet eng mit dem Tierarzt, Hufschmied und ggf. mit dem Sattler zusammen. In den meisten Fällen bringen bereits ein bis zwei Behandlungen eine deutliche Verbesserung des Bewegungsablaufes. Wichtig kann auch eine Überprüfung des Sitzes des Reiter sein, denn einen schiefen Reitersitz muss das Pferd ausgleichen. Durch einen ständig schief sitzenden Reiter kann das Pferd einseitige Verspannungen aufbauen, die ohne eine Korrektur des Reiters natürlich trotz einer osteopathischen Behandlung des Pferdes immer wieder auftreten. Hier kann nur eine Korrektur des Reiters helfen oder wenn dies nicht möglich ist eine regelmäßige Behandlung des Pferdes, damit die Verspannungen bzw. Blockaden sich nicht verfestigen sowie ein spezielles Ausgleichstraining z.B. durch Bodenarbeit.

Mittlerweile werden von Osteopathen Wochenendkurse für Pferd und Reiter angeboten, in denen für das Pferd:

    - Ganganalysen
    - Muskeldehntechniken
    - Reflextechniken
    - Rückenschulung
    - Gymnastizierung

und für den Reiter:

    - Muskeldehnung
    - spezielle Mobilisationstechniken
    - Rückenschulung
    - Körperwahrnehmung und Entspannung
    - Haltungsschulung
    - Anatomie des Menschen und/oder des Pferdes
    - Muskelaufbautraining
    - Koordinierungstraining

vermittelt werden.



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